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Pflanzen auf Schuttfluren undWegsäumen (5):
Charakteristisch für die
Filzige Klette
(
Arctiumtomentosum
;
S. 573), einer der vier Kletten-Arten des Allgäus,
sind die filzig behaarten Blütenköpfe (
S. 61). Die Verbreitung der Art wird auch durch Viehtrieb begünstigt.
Die
Raue Gänsedistel
(
Sonchus asper
) und andere
Sonchus
-Arten sind Tiefwurzler und kommen an Wegrän-
dern, Gärten, Weinbergen und Äckern vor.
Weit verbreitet im Allgäu ist das
Fuchs-Greiskraut
(
Senecio ovatus
;
S. 569), das sich von anderen Greiskraut-
Arten unter anderem durch die ungeteilten Laubblätter unterscheidet. Diese häufige Kleinart gehört wie das
ähnliche, aber im Allgäu wesentlich seltenere und früher blühende Hain-Greiskraut (
S. hercynicus
; nicht abgebildet)
zum Komplex
S. nemorensis
agg. Die Kleinarten kommen nebeneinander vor, bilden Hybriden und sind nur schwer
voneinander abzugrenzen.
Laubblätter, Stängel und Blüten des
Klebrigen Greiskrautes
(
S. viscosus
;
S. 569) sind mit klebrigen Drü-
senhaaren überzogen.
Jakobs-Greiskraut
(
S. jacobaea
;
S. 569)
Das
Raukenblättrige Greiskraut
(
S. erucifolius
;
S. 569) bildet im Gegensatz zum ähnlich aussehenden,
aber früher blühenden Jakobs-Greiskraut Ausläufer, hat graugrüne Laubblätter und spitze Endfiedern. Man
trifft es auf extensiv genutzten Viehweiden und an Wegrändern an.
Die häufigste Greiskraut-Art des Allgäus ist das
Gewöhnliche Greiskraut
(
S. vulgaris
), dessen Blütenköpfchen,
anders als bei den anderen Greiskraut-Arten, nur aus Röhrenblüten besteht. Die Namen Greiskraut und Kreuz-
kraut werden synonym verwendet. Im Allgäu kommen etwa 14
Senecio
-Arten vor, von denen viele Arten leberschä-
digende
Pyrrolizidin-Alkaloide
(
siehe unten
) enthalten.
Das
Frühlings-Greiskraut
(
S. vernalis
) hat sich in den letzten Jahrzehnten im Allgäu entlang der Verkehrswe-
ge ausgebreitet.
Der
Rainfarn
(
Tanacetum vulgare
;
S. 570) enthält im Kraut und besonders in den Blütenköpfchen das gifti-
ge ätherische Öl
Thujon,
das auch im Lebensbaum (
Thuja
) vorkommt. Die Pflanze wurde früher als Wurmmit-
tel verwendet. Die Blütenköpfchen bestehen ausschließlich aus Röhrenblüten.
Greis- oder Kreuzkräuter
Greis- oder Kreuzkräuter (
Senecio
;
zweite Reihe
und
dritte Reihe links
) - die Namen werden synonym verwen-
det - besitzen unverzweigte, weiße Flughärchen (
Pappushärchen
) an den Samen, ähnlich den Haaren eines
Greises. Deshalb ist der Gattungsname
Senecio
vom lateinischenWort
senex
für Greis abgeleitet. Viele Greiskraut-
Arten, aber auch Pestwurz, Huflattich, Wasserdost und Alpendost enthalten leberschädigende
Pyrrolizidin-Al-
kaloide
(PA). In der Leber entstehen aus bestimmten PAs Dehydropyrrolizidine wie Pyrrole, die an DNA und RNA
binden und aufgrund der alkylierenden Eigenschaften mutagen und teratogen wirken. Die Symptome einer
Vergiftung stellen sich normalerweise erst nach Wochen oder sogar Monaten ein und äußern sich durch Appe-
titlosigkeit, Mattigkeit, Krämpfe, Schwellungen an den Extremitäten, Lungenschädigungen und Veränderungen
der Leber bis hin zur Leberzirrhose. Selbst die einmalige Aufnahme von Jakobs-Greiskraut soll zum Tode eines
Menschen geführt haben. Als
Seneziose
oder
Schweinsberger Krankheit
werden Vergiftungserscheinungen
bei Nutztieren, hauptsächlich Pferden und Rindern, mit
Senecio
-Arten bezeichnet. Von tödlichen Vergiftungen
bei Vieh wurde in den vergangenen Jahren häufiger in der Presse berichtet, da sich bestimmte Arten wie Jakobs-
Greiskraut, Raukenblättriges Greiskraut und Wasser-Greiskraut im Allgäu stark verbreiten und die Pflanzen trotz
ihres unangenehmen Geruchs und bitteren Geschmacks bei Nahrungsmangel gefressen werden. Auch Heu, das
die Pflanzen enthält, ist giftig, da die Alkaloide beimTrocknen nicht zerstört werden. Eine Therapie der Seneziose
ist nicht möglich. Selbst Honig kann PAs enthalten, wenn der Nektar von PA-haltigen Pflanzen stammt.