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Pflanzen auf Schuttfluren undWegsäumen (6):
Die
Wilde Möhre
(
Daucus carota
subsp.
carota
;
S. 579) ist häufig auf Magerrasen an Wegrändern und an-
deren Ruderalflächen, Flussauen und extensiven Viehweiden anzutreffen. In der Mitte der Dolde findet man
oft eine purpurne bis schwarze „Mohrenblüte“ (
links
), die vermutlich als „Scheininsekt“ dem Anlocken von bestäu-
benden Käfern und Fliegen dient. Die weiße Wurzel der Wilden Möhre, aus der die Gartenmöhre gezüchtet wurde,
riecht nach Karotte. Während der Fruchtzeit sind die Dolden der Wilden Möhre typischerweise nestförmig zusam-
mengezogen (
Mitte
). Die Blätter sind gefiedert (
S. 165).
Ein häufigerWegbegleiter im Illertal ist der
Wiesen-Pastinak
(
Pastinaca sativa sativa
var.
pratensis;
S. 165
,
570). Die
hellgelbe Rübe riecht wie der Rest der Pflanze angenehm nach Fenchel und ist die Wildform des Gemüse-Pastinaks.
Die eingebürgerte
Herkulesstaude
(
Heracleum mantegazzianum
; siehe unten), deren Saft verbrennungs-
ähnliche Hautreizungen verursachen kann, kann mittlerweile im Allgäu an Wegrändern, Waldlichtungen und
Bachläufen angetroffen werden. Der Größenvergleich zeigt dieWuchshöhe der Pflanze, die auch
Riesen-Bärenklau
oder nicht korrekterweise
Herkuleskraut
genannt wird. Die Blätter sind auf Seite 165 abgebildet.
Verwildert wächst das aus Südosteuropa und Kleinasien eingeführte
Mutterkraut
(
Tanacetum parthenium
;
S. 578) an ruderalen Orten. Die Pflanze riecht stark aromatisch und wird deshalb auch als
Falsche Kamille
bezeichnet.
Die
Echte Kamille
(
Matricaria recutita
;
S. 578), die ursprünglich aus Süd- und Osteuropa stammt, kann
man an Ackerrändern, Schuttplätzen und neben salzgestreuten Straßen antreffen. Sie enthält charakteristisch
riechende
ätherische Öle
wie
Bisabolol
und
Matricin
und wird als Heilpflanze genutzt. Von ähnlich aussehenden
„Kamille“-Arten unterscheidet sie sich unter anderem durch ihre hohlen Blütenköpfe, die bald herabhängenden
Zungenblüten sowie die bis dreifach gefiederten, haarförmigen Laubblätter. Die ähnlich aussehende Geruchlose
Kamille (
Tripleurospermum perforatum;
S. 578) gehört neuerdings nicht mehr zur Gattung
Matricaria
.
Die trittfeste
Strahlenlose Kamille
(
M. discoidea
;
S. 570) stammt ursprünglich aus Nordostasien, ist aber
mittlerweile im Allgäu auf ruderalen Flächen weit verbreitet. Die Blütenköpfchen, die nur aus grünen Röhren-
blüten bestehen, duften stark nach Kamille.
Der ursprünglich aus Nordamerika eingeführte
Einjährige Feinstrahl
(
Erigeron annuus
;
S. 578) ist ein Gar-
tenflüchtling, der in Kiesgruben, auf Schutthalden, sowie an Weges- und Waldrändern im Allgäu mit zwei
Unterarten angetroffen werden kann.
Herkulesstaude
oder
Riesen-Bärenklau
Die Heimat der Herkulesstaude (
Heracleummantegazzianum
;
zweite Reihe links und Mitte
) liegt im Kaukasus.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde die stattliche Pflanze in weiten Teilen Europas als Zierpflanze angepflanzt.
Sie kann eine Höhe von über drei Metern, der Stängel eine Dicke von zehn Zentimetern und die Laubblätter
eine Länge von etwa einem Meter erreichen. Die Dolden tragen mehrere tausend Einzelblüten und Samen pro
Pflanze (
zweite Reihe Mitte
).
Sowohl die eingebürgerte Herkulesstaude als auch ihre heimischer Verwandte, der Wiesen-Bärenklau
(
H. sphondylium
;
S. 231), enthalten in den Laubblättern, Blüten und Früchten hautreizende
Furocu-
marine.
Diese gehören zu den
ätherischen Ölen
und zeigen mutagene und cancerogene Wirkung, da
sie unter Einwirkung von UV-Licht kovalent an die Pyrimidinbasen der DNA binden und die DNA-Dop-
pelstränge irreversibel miteinander vernetzen (
cross-linking
). Furocumarine bilden aber auch Photoad-
dukte mit RNA, Ribosomen und Proteinen und hemmen dadurch Transkription, Translation und Prote-
inbiosynthese. Die Folgen, die als
Phytophotodermatitis
bezeichnet werden, sind Hautrötung und
verbrennungsähnliche Symptome mit Schwellung, Blasen- und gegebenenfalls auch Narbenbildung.
Neben den gesundheitlichen Risiken bleiben durch das massenhafte Auftreten der Herkulesstaude ökologische
Folgen wie Veränderungen des Artenspektrums von Pflanzen oder das lokale Verschwinden heimischer Tier- und
Fortsetzung auf Seite 269