Seite 68-69 - naturgeschichte gesamt

Basic HTML-Version

182
183
Pflanzen der Waldgesellschaften (8):
Im Saft vieler Hahnenfuß-Gewächse (Ranunculaceae) findet man das
schwach giftige
Protoanemonin
. Es wirkt äußerlich hautirritierend, verursacht die Bildung von Blasen und Pusteln
und führt bei Einnahme zu starkem Brennen imMund und Rachen, Magen-Darm-Reizungen, Koliken und Durchfall.
Untypisch für Hahnenfuß-Gewächse sind die acht bis elf Blütenblätter des
Scharbockskrautes
(
Ranunculus
ficaria
;
S. 568). Die Pflanze gedeiht auf dem Waldboden und blüht früh, wenn die Bäume noch kein Laub
tragen. Zur vegetativen Vermehrung bilden sich Brutknospen in den Blattachseln. „Scharbock“ ist ein alter
Name für
Skorbut
, eine Vitamin C-Mangelerkrankung. Die jungen Laubblätter des Scharbockskrauts sind sehr Vit-
amin C-haltig und wurden deshalb früher, als es noch keine Supermärkte mit importiertem Obst und Gemüse gab,
als erste Vitamin C-Quelle nach demWinter verwendet. Ältere Laubblätter sollte man jedoch nicht verwenden, denn
sie enthalten
Protoanemonin
.
Typisch für das
Leberblümchen
(
Hepatica nobilis
§;
S. 574) sind die dreilappigen Laubblätter. Die früh
blühende Pflanze wurde früher bei Leber- und Gallenleiden verwendet. Das Leberblümchen besitzt keine
Kelchblätter, den Schutz der Knospe und Blüte übernehmen drei Hochblätter (
rechts
).
Der
Eisenhutblättrige Hahnenfuß
(
Ranunculus aconitifolius
;
S. 577) wächst in tieferen Lagen an feuchten
Standorten. Die Blütenstiele dieser Art sind behaart und die Laubblätter bis zum Spreitengrund geteilt, der
Mittelabschnitt der Laubblätter ist frei, worin sich die Art von dem ähnlich aussehenden Platanenblättrigen
Hahnenfuß (
R. platanifolius
;
S. 93) unterscheidet, der auf Hochstaudenfluren vorkommt.
Der
Wollige Hahnenfuß
(
Ranunculus lanuginosus
;
S. 567) ist ein Bewohner nährstoffreicher Buchen- und
Mischwälder, Auwälder und Tobel.
Obwohl oft fälschlicherweise als Giftpflanze bezeichnet, enthält das
Christophskraut
(
Actaea spicata
) weder
Protoanemonin
noch andere giftige Substanzen, jedoch die angeblich krebshemmende
Aconitinsäure
.
Das Christophskraut ist das einzige heimische Hahnenfuß-Gewächs mit Beeren als Fruchtform (
links
).
Typisch für die
AkeleiblättrigeWiesenraute
(
Thalictrum aquilegifolium
) sind die dreifach gefiederten Laub-
blätter. Die zahlreichen, auffällig rosa gefärbten Staubblätter (
rechts
) sind kugelig angeordnet und dienen
dem Anlocken von Insekten, die kleinen und unscheinbaren Blütenblätter fallen meist bereits vor der Blü-
tenreife ab. Die Pflanze enthält blutdrucksenkende und angeblich krebshemmende
Alkaloide
sowie
cyanogene
Glykoside
, die aber aus toxikologischer Sicht bedeutungslos sind.
Die Blüten der
Gewöhnlichen Akelei
(
Aquilegia vulgaris
§;
S. 576) sind blauviolett und haben kurze Staub-
fäden. Der Gattungsname ist von
aquila
für Adler abgeleitet, da die hakenförmig gebogenen Sporne (
links
)
wie der Schnabel eines Adlers gekrümmt sind. Die Pflanze gedeiht in Laubwäldern, aber auch auf Wiesen. An
den Spitzen der fünf einzelnen Balgfrüchte der Akelei sind deutlich die Reste der Griffel erkennbar (
Mitte
).
Der Helm des
Gelben Eisenhutes
(
Aconitum lycoctonum
§
;
S. 569) ist viel höher als breit. In der Pflan-
ze kommt das
Alkaloid Lycaconitin
vor, das zwar weniger giftig als das
Aconitin
des Blauen Eisenhutes
(
S. 62) ist, aber ähnliche Vergiftungssymptome zeigt. Mit der Pflanze wurden früher Köder vergiftet, die
zum Töten von Wölfen und Füchsen dienten. Von dieser Tatsache zeugen der Trivialname Wolfs-Eisenhut sowie das
Epitheton
lycoctonum
für „Wolfstöter“.
Die Blüten der
Sumpfdotterblume
(
Caltha palustris
;
S. 567) kamen früher zum Färben von Butter, die
Blütenknospen als falsche Kapern zum Einsatz. Die Blüten (
links
) bestehen aus fünf Blütenblättern, ein Blü-
tenkelch ist nicht vorhanden. Die für viele Hahnenfuß-Gewächse typischen sternförmigen Früchte der Sumpf-
dotterblume sind aus vielen einzelnen Balgfrüchten (
Mitte
) zusammengesetzt, die schwimmfähig sind und der
Verbreitung auf demWasser dienen.
Das gesellige
Buschwindröschen
(
Anemone nemorosa
;
S. 577) braucht viel Licht und blüht deshalb nur, solange
die Bäume über ihm noch keine Laubblätter tragen. Nachts und bei kühlemWetter werden die Blüten geschlos-
sen. Die Art ist Namenspatron für den giftigen Inhaltsstoff vieler Hahnenfuß-Gewächse, das
Protoanemonin.