Seite 206-207 - feste feiern gesamt

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Sterben/Tod/Trauer
Dieses direkte Erleben des Todes und diese Art der Anteilnahme ist
uns heute weitgehend abhanden gekommen. Professionelle Dienste
nehmen uns diese Trauerarbeit und diesen konkreten Umgang mit
Sterben und Tod ab. Der Tod wurde mehr und mehr zum Dienstleis-
tungsgeschäft, er wurde an Bestattungsunternehmen und Friedhofs-
verwaltungen delegiert und aus dem häuslichen Bereich verdrängt.
Vielleicht ist dies einer der Gründe, warum die Religiosität der Men-
schen heute schwindet und wir uns den existentiellen Fragen des
Todes und den Fragen des „Danach“ nicht mehr stellen, und Tod und
Sterben in unserem alltäglichen Leben abschieben und verdrängen?
Sterbevorbereitung und -begleitung
Zum Annehmen des Sterbens gehört auch eine frühzeitige Regelung
der letzten Dinge: Testament erstellen, Frage der Organspende klären,
Patienten- und Betreuungsverfügung oder Vollmacht festlegen, Wün-
sche zur Gestaltung der Beerdigung und des Grabes niederschreiben.
Das Sterben daheim im Kreise der Familie unter Stärkung des
Sakramentes der Krankensalbung und dem Gebet der Nachbarn war
bestimmt humaner als das Sterben in einem anonymen Sterbezim-
mer des Krankenhauses. Noch sterben 55% der deutschen Bevölke-
rung in einem Krankenhaus, 30% in stationären Pflegeeinrichtun-
gen und lediglich 10% zu Hause. Deshalb werden heutzutage in den
Pfarreien ehrenamtliche
Hospizhelfer
ausgebildet, die die Sterbenden
in menschlicher Weise begleiten sollen.
Wichtig ist, einen sterbenden Menschen nicht allein zu lassen. Die meis-
ten Menschen wünschen in vertrauter Umgebung zu sterben, beglei-
tet von den nächsten Angehörigen und Freunden. Man kann Blumen
auf den Tisch stellen, eine Bild- oder Spruchkarte, eine Duftlampe, eine
Kerze anzünden und dem Sterbenden nahe sein, auch in körperlichem
Kontakt durch Handhalten oder Streicheln und mit ihm laut und deut-
lich beten und ihm das Kreuzzeichen machen, evtl. auch dem Sterben-
den vertraute Lieder singen oder summen oder einfach in Stille da sein.
Sterben/Tod/Trauer
Sterben – Tod – Trauer
Der Tod ist die einschneidendste Situation im Menschenleben. Wir
alle wissen, dass zum Leben des Menschen der Tod gehört, dass
Sterben - wie die Geburt - ein elementarer Bestandteil unseres Lebens
ist. Tagtäglich sterben Menschen, wir hören und lesen davon, aber
wir planen und leben, als ob es den Tod nicht gäbe.
Bis zum frühen 20. Jahrhundert lebten die Menschen bewusster im
Angesicht des Todes, während in unserer Zeit mit zunehmender In-
dividualität, Anonymität, Säkularisierung und Kirchenferne der Tod
und das Sterben immer mehr verdrängt und tabuisiert werden.
Sterben und Tod waren früher öffentliche Ereignisse, an denen alle Angehö-
rigen, die Nachbarschaft und die ganze Dorfgemeinschaft Anteil nahmen.
Beim
Versehgang
läuteten die Glocken, der Pfarrer kam zum Sterbenden,
um ihm das Sakrament der Wegzehrung zu bringen und dabei mit dem
Sterbenden und den Angehörigen zu beten. Mit dem
Scheidungsläuten
wurde der Tod allen mitgeteilt. Der Verstorbene wurde von den eigenen
Leuten gewaschen, gekämmt, angekleidet und in den Sarg gelegt.
Ihm wurden die Augenlider geschlossen, das
Kinn hochgebunden und die Hände zusammen-
gelegt und mit einem Kreuz oder einem Rosen-
kranz versehen. Der Tote wurde offen im Haus
zwischen Blumen, Blattpflanzen und brennenden
Kerzen aufgebahrt, man hielt die
Totenwache
und betete miteinander die Sterbegebete. Von der
Trauergemeinde wurde der Tote vom Sterbehaus
zum Friedhof geleitet. Die Nachbarn trugen bei
der Beerdigung den Sarg, versenkten ihn in das
Grab und schaufelten das Grab zu.
Bis vor ca. 50 Jahren wurde der Tote zu Hause aufgebahrt.