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St. Martin 11. November
heutigen Frankreich wurde zum fränkischen Nationalheiligtum. In
vielen Orten der Umgebung weist das Kirchenpatrozinium des hl.
Martin auf fränkische Besiedlung und Christianisierung hin, z. B. in
Jengen, Linden, Rieden, Schlingen, Ettringen, Tussenhausen, Lamer-
dingen, Kaufbeuren, Marktoberdorf.
St. Martin ist der Schutzpatron der Soldaten, Reiter, Tuchmacher,
Hirten und Bettler und auch der Abstinenzler, da er vom Wein des
Kaisers nur nippte.
Ein Volksbrauch, der jedes Jahr am
Martins­tag auflebt, ist der Martinsritt,
bzw. der
Martinsumzug.
Er hat sich erst
nach dem 2. Weltkrieg, vor allem durch
heimatvertriebene Schlesier bei uns einge-
bürgert. Er wird bei uns besonders von
den Kindergärten und Grundschulen
gepflegt. Der Grundgedanke dabei ist das
Teilen mit anderen.
Kinder treffen sich mit ihren Laternen und ziehen singend durch die
Straßen. Voran reitet St. Martin mit römischem Helm und Mante-
lumhang hoch zu Ross, dahinter gehen die Kinder mit ihren Laternen
und singen Martinslieder oder das Laternenlied „Ich geh mit meiner
Laterne“. Vor der Kirche oder dem Kindergarten wird die Begegnung
mit dem Bettler nachgespielt. Am Ende bekommen immer zwei Kin-
der zusammen eine Martinsbrezel, anderenorts auch ein
Martins-
gänsle,
die sie miteinander teilen. So bekommt jedes eine Hälfte.
In Engetried wird der traditionelle Martinsumzug als Laternenum-
zug der Kinder vom Kindergarten zur Kirche gestaltet, musikalisch
umrahmt von den Jungmusikanten. In der Kirche findet mit dem
Pfarrer die Martins­feier statt. Die Kinder spielen und musizieren zur
Beim Martinsumzug spielt ein Kind hoch zu Ross
den hl. Martin und teilt seinen Mantel für den Bettler.
St. Martin 11. November
St. Martin 11. November
In frühchristlicher Zeit begann nach dem 11. November die stille
Vorbereitungszeit für das Weihnachtsfest, ohne fröhliche Feste, ohne
üppiges Essen und auch ohne Rechtsgeschäfte. „Martini steht genau
so am „Kopf“ der alten Weihnachtsfastenzeit wie die Fastnacht am
„Kopf“ der Osterfastenzeit“ (nach Dietz-Rüdiger Moser).
So war Martini früher ein wichtiger Zins- und Pachtabgabetermin
(„Martini ist ein harter Mann für den, der nicht bezahlen kann.“), ein
beliebter Hochzeitstag, ein Markttag und Bauernfeiertag mit Dienstbo-
tenwechsel und ein Herbstfest, bei dem auch Gänse verzehrt wurden.
Im Vordergrund des Martintages steht heute der heilige Martin als
Vorbild christlicher Nächstenliebe und Menschlichkeit, und als
Symbolfigur des Teilens mit anderen.
Sankt Martin, der spätere Bischof von Tours in Frankreich, wurde
um 316 in Sabaria in Pannonien, dem heutigen Ungarn als Sohn ei-
nes römischen Offiziers geboren. Er wurde mit 15 Jahren zum Mili-
tärdienst in der römischen Reiterei eingezogen. Als Offizier kam er
nach Gallien in die Stadt Amiens. Während der Zeit als Soldat trug
er sich stets mit dem Gedanken, Christ zu werden. Damals ereignete
sich auch jene Szene, die ihn bis heute berühmt gemacht hat: Auf
dem Heimweg sah Martin am Stadttor Amiens einen frierenden Bett-
ler, der ihn um eine milde Gabe bat. Martin hatte Mitleid. Er zog das
Schwert und teilte seinen Mantel in der Mitte. Die eine Hälfte gab er
dem Armen, mit der anderen hüllte er sich selbst ein. In der Nacht
- so erzählt sein Biograph Sulpicius Severus - erschien ihm Christus
im Traum, der die verschenkte Hälfte des Mantels um seine Schul-
tern gelegt hatte und sagte: „Martinus, mit dem Mantel hast du nicht
nur den Bettler, sondern auch mich bekleidet.“ Nach seinem Militär-
dienst trat er in einen Mönchsorden ein, wurde Einsiedler und grün-
dete 361 das erste Mönchskloster des Abendlandes. Martin wurde
371 Bischof von Tours, starb am 8. November 397 und wurde am
11. November beerdigt. Sein Grab in der Kathedrale in Tours im