Seite 192-193 - feste feiern gesamt

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Hochzeit
Sogar weiße Brieftauben können verschickt werden, um Glückwün-
sche und Grüße des Friedens zu überbringen.
Hindernisse aus dem Weg räumen
Früher konnte man das Brautfuder (bayerisch „Kammerwagen“) mit
Seilen oder Stangen aufhalten und bekam für das Freimachen des
Weges Kleingeld. Sinn dieses Brauches war eine soziale Armenspende.
Heutzutage versperren die Ministranten oft noch an der Kirchentüre
mit einem Seil den Auszug des Brautpaares und bekommen dann ein
Trinkgeld von jedem Hochzeitsgast. Nach der Überlieferung muss
sich dabei der Bräutigam von seinen Jugendsünden freikaufen. Nach
altem Volksglauben kann man damit auch die bösen Geister ab-
wehren, da diese kein Trinkgeld haben. Einige Brauchtumsforscher
sehen das Aufhalten des Brautpaares auch als alte Rechtshandlung,
als Lösegeld für die Übergabe der Braut in eine neue Heimat oder als
schützende Umspannung und Umringung.
Brauch ist auch, vor der Wirtschaft - seltener vor Standesamt oder Braut-
haus - den Weg mit einem Baumstamm auf einem Sägebock zu versperren.
Symbolisch für die nun gemeinsam zu bewältigenden Hindernisse muss
er vom Brautpaar gemeinsam mit einer Baumsäge bzw. Schrotsäge zersägt
werden, zumeist unter Mithilfe der Trauzeugen. Da bei der Schrotsäge da-
rauf geachtet werden muss, dass abwechselnd gezogen und entlastet wird,
um ein Verklemmen zu vermeiden, steht der Brauch auch für Aktivsein und
Zulassen, für Reden und Zuhören, also für Gleichberechtigung in der Ehe
und für Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse des Partners.
Vereinzelt wird bei uns nach der standesamtlichen oder kirchlichen
Trauung dem Brautpaar mit einem Bettlaken oder einem Papierplakat mit
einem aufgemalten Rosenherz der Weg versperrt. Das Brautpaar
schneidet mit einer Schere das Herz aus und steigt gemeinsam hindurch.
Nach dem Auszug aus der Kirche oder aus dem Standesamt findet auch
die Gratulationscour für das Brautpaar statt.
Hochzeit
Spalierstehen
Beim Auszug aus der Kirche oder aus dem
Standesamt stehen oft Freunde oder Kollegen
Spalier mit roten Rosen oder Sportgeräten, z. B.
im Fußballdress, mit Eishockeyschlägern u. ä.
Wenn das frischgetraute Paar durch diese Gasse
geht, werden ihm spielerisch das Durchkommen
erschwert und sie müssen zeigen, dass sie gemein-
sam Schwierigkeiten überwinden können.
Reis werfen
Vor einigen Jahren war es Brauch, das Brautpaar nach dem Auszug
aus dem Standesamt oder der Kirche mit Reis zu bewerfen. In
Asien ist Reis ein Symbol für Reichtum, Fruchtbarkeit und Kinderse-
gen. So viele Reiskörner in den Haaren der Braut hängen bleiben, so
viele Kinder bekommt sie nach dem Aberglauben. Heutzutage beste-
hen moralische Bedenken, mit Nahrungsmitteln zu werfen, während
viele Menschen hungern. Zudem quellen die Reiskörner bei Nässe
auf, es besteht Rutsch- und Unfallgefahr, auch werden Tauben und
Ratten angelockt und der Hausmeister bzw. Mesner hat Mühe, die
Verunreinigung zu beseitigen. Wer es trotzdem tun will, sollte sich
vorher mit dem Standesbeamten oder Pfarrer absprechen.
Manche werfen statt Reis mit Konfetti, - es gibt sogar rote, herzför-
mige Konfetti - oder mit Blumen. Angeblich sollen durch das Werfen
auch die bösen Geister, die das junge Glück stören wollen, besänftigt
werden. Es kann auch als Überschütten mit Glück gedeutet werden.
Vereinzelt werden auch Seifenblasen-Fläschchen an die Gäste beim
Verlassen des Standesamtes bzw. der Kirche verteilt. Die Seifenblasen
sollen die Träume und Wünsche des Brautpaares symbolisieren, die
in Erfüllung gehen sollen.
Manche lassen auch herzförmige Luftballons starten, die mit Namen
und Anschrift des Brautpaars versehen sind. Der Finder kann dem Paar
Glückwünsche senden.
Spalier stehen nach einer standesamtlichen Trauung