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Deutsch
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1.
Nenne zwei Gemeinsamkeiten von Sage und Märchen
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2.
Man kann Sagen in verschiedene inhaltliche Gruppen einteilen.
Nenne drei und erläutere sie jeweils in einem Satz!
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3.
Lies die Texte A und B! Löse die Fragen auf einem separaten Blatt.
Text A:
Der Binger Mäuseturm
Text B:
Die Semmelschuhe
Zu welcher Gruppe von Sagen gehört A? Begründe!
Zu welcher Gruppe von Sagen gehört B? Begründe!
4.
Nenne fünf Gründe, warum Text A kein Märchen ist?
5.
Welche Wirkung hat Text B auf den Leser?
6.
Nenne drei typische Motive für Wandersagen!
7.
Nenne zwei geschichtliche Personen, um die sich Sagenkreise gebildet haben!
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stegreifaufgabe 6: sagen und Märchen
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Zu Bingen ragt mitten aus dem Rhein ein hoher Turm, von dem nachstehende Sage umgeht: Im Jahre 974 ward
große Teuerung in Deutschland, dass die Menschen aus Not Katzen und Hunde aßen und doch viele Leute Hungers
starben. Da war ein Bischof zu Mainz, der hieß Hatto der Andere, ein Geizhals, dachte nur daran, seinen Schatz
zu mehren, und sah zu, wie die armen Leute auf der Gasse niederfielen und bei Haufen zu den Brotbänken liefen
und das Brot nahmen mit Gewalt. Aber kein Erbarmen kam in den Bischof, sondern er sprach: „Lasset alle Armen
und Dürftigen sammeln in einer Scheune vor der Stadt, ich will sie speisen.” Und wie sie in die Scheune gegangen
waren, schloss er die Türe zu, steckte mit Feuer an und verbrannte die Scheune samt den armen Leuten, jung und
alt, Mann und Weib.
Als nun die Menschen unter den Flammen wimmerten und jammerten, rief Bischof Hatto: „Hört, hört, wie die Mäu-
se pfeifen!” Allein Gott der Herr plagte ihn bald, dass die Mäuse Tag und Nacht über ihn liefen und an ihm fraßen,
und vermochte sich mit aller seiner Gewalt nicht wider sie zu behalten und bewahren. Da wusste er endlich keinen
anderen Rat, als er ließ einen Turm bei Bingen mitten im Rhein bauen, der noch heutigestags zu sehen ist, und
meinte sich darin zu fristen, aber die Mäuse schwammen durch den Strom heran, erklommen den Turm und fraßen
den Bischof lebendig auf.
Im Klatauer Kreis, eine Viertelstunde vom Dorf Oberkamenz, stand auf dem Hradekberg ein Schloss, davon noch
einige Trümmer bleiben. Vor alter Zeit ließ der Burgherr eine Brücke bauen, die bis nach Stankau, welches eine
Stunde Wegs weit ist, führte, und die Brücke war der Weg, den sie zur Kirche gehen mussten. Dieser Burgherr
hatte eine junge, hochmütige Tochter, die war so vom Stolz besessen, dass sie Semmeln aushöhlen ließ und statt
der Schuhe anzog. Als sie nun einmal auf jener Brücke mit solchen Schuhen zur Kirche ging und eben auf die letzte
Stufe trat, so soll sie und das ganze Schloss versunken sein. Ihre Fußstapfen sieht man noch jetzt in einem Stein,
welcher eine Stufe auf dieser Brücke war, deutlich eingedrückt.