Seite 24-25 - Lechrain gesamt

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Unter den Stauffern und später im
17./18. Jh. erlebte das Kloster wei-
tere Höhepunkte. Nach dem Abriss
der Klosterkirche und der Konvents-
bauten in der Säkularisation blieben
nur noch der Gäste- und Fürstenbau,
der Brunnen des Wezzo (17. Jh.) und
die Pfarrkirche St. Johannes übrig.
Nachdem der Rest der Klosteranlage
zuerst Privatbesitz war, zog 1913 eine
Gemeinschaft von Missions-Benedik-
tinerinnen hier ein.
Wessobrunn, Pfarrkirche St. Johannes mit
Turm der alten Abteikirche
Kreuzkult von Wessobrunn: Schon in der Gründungsgeschichte des Klosters spielt das
Kreuz eine wichtige Rolle. Der Legende nach soll Herzog Tassilo im Traum drei Quellen
gesehen haben, die in Kreuzesform zusammengeflossen seien. Der Herzog deutete sei-
nen Traum als himmlische Weisung und ließ an dieser Stelle ein Kloster bauen. Das auf
diesem„heiligen Boden“ gegründete Kloster wurde nach dem hl. Petrus benannt, den
er in seinem Traum über einer Himmelsleiter erblickt hatte. Er übergab das Kloster dem
Benediktinerorden.
Geschichte der Kreuzauffindung: Ein Mönch schrieb um 850 im Kloster auf 36 Seiten die
Geschichte der Kreuzauffindung in Jerusalem durch die hl. Kaiserin Helena nieder und
versah sie mit 18 Federzeichnungen. Diese Begebenheit ist dargestellt auf der vorderen
Hälfte des Deckenbildes der Kreuzbergkapelle an der Straße nach Landsberg. Die Kapel-
le wurde errichtet an der Stelle, wo Abt Thiento mit sechs Mönchen beim Einfall der noch
heidnischen Ungarn im Jahre 955 den Tod fand. Matthäus Günther, der im nahen Haid
ein Haus besaß, hat in der nahen Kreuzbergkapelle die Enthauptung des Abtes auf dem
Stein, der heute noch in der Kapelle gezeigt wird, dargestellt. In der vorderen Bildhälfte
zeigt er die sog. Kreuzprobe. Um zu erkennen, welches der drei von Helena gefundenen
Kreuze das Kreuz Christi ist, legte sie die Kreuze nacheinander auf einen Schwerkranken.
An der plötzlichen Gesundung zeigte sich die Kraft des wahren Kreuzes.
Pfarrkirche St. Johannes: Der beim Kloster befindliche Ort hieß früher Gaispoint. Bereits
1128 wurde die erste Pfarrkirche geweiht. Die heutige Pfarrkirche wurde 1757 im Ba-
rockstil erbaut. Der Innenraumwurde 1753-59 von Franz Xaver Schmuzer stuckiert. Von
Thassilo Zöpf stammen verschiedene Stuckaturen, die Fresken sind von Johann Baptist
Baader (siehe Seite 176) gemalt worden und zeigen Szenen aus dem Leben Johannes
des Täufers. Am Hochaltar stehen Figuren von Franz Xaver Schmädl, die zu den Höhe-
punkten seines Schaffens gerechnet werden.
Gnadenbild Mariä: Das Bild der sog. „Mutter der schönen Liebe“ am linken Seitenaltar
kam um 1700 nach Wessobrunn. Maler war der Benediktiner Innozenz Metz. Es steht
im Mittelpunkt der Verehrung durch eine Bruderschaft, der um 1750 noch ca. 600.000
Mitglieder angehörten.
Romanisches Kreuz: In der Kirche hängt ein großes spätromanisches Kreuz, das früher
in der Klosterkirche seinen Platz hatte. Um 1250 wurde es von einem unbekannten
Künstler für den Kreuzaltar geschaffen. Es zeigt eine Mischung zwischen dem Bild des
Gekreuzigten als Herrn und Sieger in der Romanik und dem leidenden Christus der Go-
tik. Der Holzkruzifixus wurde im 18. und 19. Jh. im Volk als sog. Kümmernis-Bild ver-
ehrt. Die Verehrung geht auf eine Königstochter aus Holland zurück, die im 2. Jh. lebte
und sehr schön und klug gewesen sein soll. Sie war im christlichen Glauben erzogen
worden und hatte ewige Jungfräulichkeit gelobt. Als ihr heidnischer Vater aber wollte,
dass sie die Frau eines benachbarten Königs wurde, bat das Mädchen in ihrer Gewis-
sensnot Gott, er möge ihr Antlitz
entstellen. Daraufhin wuchs ihr
ein kräftiger Bart. Doch der Va-
ter warf aus Wut seine Tochter
zuerst in den Kerker und ließ sie
dann ans Kreuz schlagen, da-
mit sie als Frau nicht nur äußer-
lich, sondern auch durch ihren
Tod ihrem geliebten Bräutigam
Christus ähnlich werde. Der Kult
der seligen Jungfrau war sehr
populär und weist auf ihre Hilfe
bei Kummer und Not hin. Re-
densarten erinnern noch heute
daran: „Aussehen wie die heilige
Kümmernis” oder „sich um alles
kümmern“.
Brunnen desWezzo (Fischteiche): Die drei in einem Brunnenhaus entspringenden Quel-
len bezeichnen den Ort, wo der Bayernherzog Tassilo III. in einem Traum auf eine Him-
melsleiter geschaut haben soll, auf der Engel auf- und niederstiegen und am oberen
Ende Petrus stand. Sein Jagdbegleiter Wezzo soll ihm am Morgen die Stelle gezeigt ha-
ben. In der Barockzeit wurde das Wasser in großen Becken gesammelt, wo man eine
Fischzucht betrieb. Ein Sommerhaus diente zur Erholung.
Wessobrunn, Brunnen des Wezzo
Wessobrunn, Fürstenbau