Seite 26-27 - Lechrain gesamt

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Konventsbau: Über das Treppenhaus gelangt man zu dem Fürstentrakt, dem Gästeflü-
gel, der mit üppigemWessobrunner Stuck geschmückt ist. Am Ende des Prachtganges
blickt man zum früheren Prälatentrakt, dem Wohnbereich des Abtes, der als Vorsteher
eines Klosters mit reichem Grundbesitz auch im öffentlichen Leben Repräsentations-
pflichten wahrnahm. Der sog. Tassilo-Saal, nach dem herzoglichen Gründer des ehema-
ligen Klosters benannt, wurde als Jagdsaal mit Jagdmotiven gestaltet und ist reich mit
Wessobrunner Stuck versehen.
Wessobrunner Gebet: In der Klosterbibliothek wurde eine Handschrift aus dem 9. Jh.
gefunden, das sog. Wessobrunner Gebet, das als das älteste deutsche Sprachdenkmal
mit christlichem Inhalt gilt und in einem Codex um 814, wahrscheinlich aus dem Augs-
burger Bistum, enthalten war. Bei der Klostereinfahrt steht, von alten Linden beschirmt,
ein Gedenkstein mit demWortlaut des Wessobrunner Gebetes.
Wessobrunner Künstler: Die nahe bei Wessobrunn gelegenen Dörfer Haid und Gais-
point, die erst 1852 inWessobrunn umbenannt wurden, sowie deren Nachbarorte Rais-
ting, Forst und Rott waren die Heimat der Wessobrunner Stuckateure und Maurer. Im
17. und 18. Jh. lebten und wirkten hier bedeutende Maurer, Stuckateure und Baumeis-
ter, die berühmte Kunst- und Bauwerke schufen und weit über Bayerns Grenzen hinaus
Berühmtheit erlangten. Der von ihnen geschaffene Wessobrunner Stuck war ein Wert-
begriff („Wessobrunner Schule“). Auch in den Nachbarorten Raisting, Forst und Rott leb-
ten Wessobrunner Stuckateure und Maurer.
Das nahe oberhalb von Wessobrunn gelegene Dorf Haid war die Heimat vieler Wesso-
brunner Baumeister, Stuckateure und Maler. Im Haus Nr. 2 wohnte Matthäus Günther.
Die Brüder Dominikus und Johann Baptist Zimmermann sowie Johann Schmuzer wur-
den hier geboren. Wenn man dem Gehweg neben der Ortsstraße („Zöpfstraße“) folgt,
kommt man zur „Zimmermannstraße“. Hier befindet sich auch das Geburtshaus der be-
Tassilolinde: Hinter der östlichen Klostermauer steht eine - der Legende nach - 1000
Jahre alte Winterlinde, die unsterblich zu sein scheint. Sie misst 13 m Stammesumfang,
ist 25 m hoch und hat eine Krone von 27 m Durchmesser. Ihr Alter wird auf 700 Jahre
geschätzt. Das Baumdenkmal aus knorrigen Stämmen und Ästen ist benannt nach Bay-
ernherzog Tassilo III., der sich der Überlieferung nach auf einem Jagdausflug anno 753
unter diesem Baum ausruhte.
Römerturm: Dieses Bauwerk heißt im Volksmund Römerturm oder Grauer Herzog. Es
ist aus schweren Tuffsteinen erbaut und war der Glockenturm der romanischen Kloster-
kirche (13. Jh.). Die erste Bezeichnung weist auf das hohe Alter hin, die zweite auf seine
Wehrhaftigkeit. Die im Untergeschoss gezeigten Fundstücke (Knotensäulen, Säulenba-
sen und Würfelkapitelle, Bodenbeläge usw.) aus verschiedenen Epochen stammen aus
Grabungen im Klosterbezirk (vermutlich ehem. Kreuzgang). Die letzte Grabung fand
1982-84 statt.
rühmten Zimmermann-Brüder. An dem Anwesen ist eine Gedenktafel angebracht. Do-
minikus Zimmermann, geb. 1685, war als Stuckateur und Baumeister tätig in der Wies-
kirche, in Eresing und Landsberg. Sein Bruder Johann Baptist Zimmermann wurde als
Stuckateur und Maler berühmt und wirkte in Andechs, Dietramszell, Grafing, Schäftlarn,
Vilgertshofen und in der Wieskirche.
Auch als Maler, Bildhauer und Baumeister zählten Wessobrunner Meister zu den Spit-
zenkräften der deutschen Barock- und Rokokokunst. Die aus einer Maurerfamilie her-
vorgegangene Stuckateurfamilie Schmuzer gestaltete südlich der Donau und darüber
hinaus zahlreiche Kirchen. Der um 1575 geborene Jörg Schmuzer war in Polling und
Innsbruck tätig, Johann Schmuzer, geb. 1642, und sein Sohn Joseph Schmuzer, geb.
1683, stellten auch als Baumeister in Vilgertshofen, Ilgen und Pähl ihr Können unter Be-
weis. Ferner sind die Familien Feuchtmayer und Üblhör zu nennen, deren Mitglieder bei
den Bauten Joh. Mich. Fischers und Balthasar Neumanns mitwirkten, sowie die Familien
Merk, Schaidhauf, Zöpf und Finsterwalder.
Kreuzbergkapelle: Am Hunnenstein, einem Findling, über dem die Kapelle erbaut wur-
de, sollen der Abt und seine Mönche hingerichtet worden sein. Zum Gedenken an die
Märtyrer des Jahres 955 in der Zeit der Ungarnüberfälle wurde auf dem Kreuzberg ober-
halb vonWessobrunn ein Kreuz aufgestellt. Später baute man dort eine hölzerne Kreuz-
bergkapelle, der 1595 ein Steinbau folgte. 1771 schmückte man diese mit Fresken von
Matthäus Günther und Stuckaturen von Thassilo Zöpf aus.
Anfahrt:
Bahn:
Bayerische Regiobahn (BRB) von Augsburg-Geltendorf-Weilheim,
Haltestelle St. Ottilien.
PKW:
Autobahn München-Lindau A 96, Ausfahrt Windach
Rückkehr:
Mit der BRB von Weilheim Richtung München oder Augsburg
Parkmöglichkeiten:
Beim Kloster St. Ottilien
Weglänge:
Insgesamt 35 km
Wanderzeit:
Die reine Gehzeit am ersten Tag von St. Ottilien nach Schondorf beträgt
5 Stunden, am zweiten Tag von Schondorf nach Dießen etwa 6 Stunden, am dritten Tag
von Dießen nach Wessobrunn 4 Stunden.
Höhenunterschiede:
Vor und hinter Schondorf leicht aufwärts, hinter Dießen
Aufstieg
Information:
• Tourist Info Schondorf am Ammersee, Tel.: 08192-8899, Fax: 08192-
998810, tourismus@schondorf.de, www.schondorf-tourismus.de
Hinweis:
St. Ottilien (86941):
• „Missionsmuseum“: Eintritt frei, geöffnet 10 - 12 Uhr
und 13 - 17 Uhr. • „Nähmaschinenmuseum“: geöffnet tägl. 10 - 16 Uhr, Okt. 10 - 17 Uhr,
So ab 10.30 Uhr, Tel.: 08193-71307. • „Kloster auf Zeit“, ein Angebot für junge Männer
zwischen 18 und 35 Jahren, die das Klosterleben einmal näher kennenlernen möchten,
Tel.: 08193-71-0
Sehenswürdigkeiten:
Kloster St. Ottilien, Moorwiesenlandschaft um das Kloster,
Eresing St. Ulrich, Ulrichsbrunnen, Windach Schloss, Schondorf mit der hoch gelege-
nen Kirche St. Anna und St. Jakob am See, unterwegs viele Landschafts- und Fernblicke.
Kloster St. Alban, Dießen, mit ehem. Klosterkirche des Marienmünsters, ehem. Kloster
Wessobrunn
Übernachtung:
St. Ottilien:
• „Exerzitienhaus“: Tel.: 08193-71600, Fax: 08193-71609,
exhaus@ottilien.de, www.ottilien.de.
Schondorf (86938):
• „Pension Drexel“:
Landsberger Straße 58, Tel.: 08192-286, Fax: 08192-998181, gasthof-drexl@gmx.de,
Das erfuhr ich unter Menschen als Wunder größtes
Dass Ende nicht war noch Himmel drüber,
Noch irgend ein Baum noch Berg nicht war,
Noch irgendein Stern noch Sonne schien,
Noch Mond nicht leuchtete noch das gewaltige Meer,
Als da nirgends nichts war an Enden und Wenden,
Da war doch der allmächtige Gott.
Wessobrunner Gebet