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An Audiostationen erfahren die Besucher Wissenswertes. Hier Auszüge:
Hereinspaziert in die gute Winterstube. Diese Hütte war schon der pure Luxus, manchmal mussten die
Holzer in einfachsten Unterständen aus Rindenstücken übernachten. Hier gab es dagegen eine großzü-
gige Wohnstube, einen Ofen zur Essenszubereitung und einen zum Trocknen der Kleidung. Und sogar
Gaslicht hatte man in den langen Winternächten. Zum Waschen ging man an den nahen Bergbach, zum
Kochen wurde auch Schnee geschmolzen. Gearbeitet wurde den ganzen Winter von früh bis spät, sechs
Tage in der Woche. Nur am Sonntag war Pause. Verdient hat man als Holzer nicht viel, die meisten kamen
aber ohnehin aus sehr einfachen Verhältnissen.
Wohnstube (EG): Die Holzer arbeiteten hier als sogenannte Partie mit vier Männern. Der Älteste und
Erfahrenste war der Partieführer und teilte die Arbeiter ein: zwei haben gefällt und die Stämme herge-
richtet, entastet und entrindet und die anderen waren für den Abtransport zuständig. Die Männer waren
oft noch jung, meist ledig, die Arbeit hart und gefährlich. Trotzdem war die Arbeit in den Bergen auch ein
Stück Unabhängigkeit und Freiheit. Man war eine verschworene Gemeinschaft, die Winterabende nach
getaner Arbeit wurden mit Kartenspiel, Geschichten erzählen und Musik verbracht. Und trinkfest waren
die Holzer auch. Auf der Hütte wurde meist Schnaps getrunken – nicht zu reichlich, musste doch alles
auf den Berg geschleppt werden.
Wohnstube, Herd: Die Schwerstarbeit unter freiem Himmel im Winter bedingte einen sehr hohen Ka-
lorienbedarf. Bis zu 6.000 Kilokalorien war der Bedarf eines Holzknechts von durchschnittlicher Statur.
Mehr als das Dreifache von dem, was heute als Tagesbedarf für einen Erwachsenen gilt. Diesen enormen
Bedarf an Kohlenhydraten und Fetten deckten die Holzer mit einfachsten Mahlzeiten aus Brot, Mehl und
Schmalz. Bis zu drei Pfund Schmalz in der Woche sicherten die Leistungsfähigkeit des Holzers. Alles zu
Fuß zur Hütte geschafft und selbst zubereitet. Denn jeder Holzer kochte für sich sein eigenes Essen am
gemeinsamen Herd. Auch Pfannen, Schüssel, Löffel musste jeder mit auf den Berg bringen.
Wohnstube, Trockenraum: Hier im Trockenraum wurden die verdreckten und verschwitzten Klamotten
ausgezogen, manchmal notdürftig gewaschen und zum Trocknen aufgehängt. Viel hatten die Holzer nicht
dabei: Lederhose, Hemd, grobe Wollstrümpfe, eisenbeschlagene Schuhe, Wolljacke mit Lederkragen, Wet-
termantel, grüner Spitzhut mit Feder, und im Plunderkorb neben den Kochutensilien noch Seife, Handtuch
und Bettzeug. Dazu Schnaps, Tabak, Kaffee, Tee, Salz, Zucker sowie Spielkarten und ein Musikinstrument,
z. B. eine Ziehharmonika.
Baum (EG): Holz war bis weit ins 20. Jahrhundert als Rohstoff allgegenwärtig. Nahezu alles war aus
Holz: Gebäude, Einrichtung, Werkzeuge, Gebrauchsgegenstände, Verpackungen, Transportmittel. Nicht
zu vergessen Holz als Brennstoff für die Öfen. Enorm war der Holzbedarf für die Salinen oder die Glas-
herstellung. Dafür wurden Wälder mitunter großflächig kahlgeschlagen.
Holznutzung (EG): Der Holzbedarf stieg gewaltig an, als Anfang des 19. Jahrhunderts die Saline in
Rosenheim und dann später die Glashütte in Schliersee gebaut wurden. Die Versorgung mit Holz er-
folgte aus den nahen Bergwäldern um Tegernsee und Schliersee. Allein für die Herstellung von
1 Kilogramm Glas waren fast 2,5 Festmeter Holz nötig. Ein Festmeter entspricht etwa einem Kubikmeter
Holz. Für die Saline in Rosenheim wurden jährlich bis zu 30.000 Festmeter Holz eingeschlagen, bearbeitet,
zu den Bergbächen transportiert und schließlich über den Tegernsee und den Fluss Mangfall nach Ro-
senheim geschwemmt. Auf größeren Flüssen wie Isar und Inn wurden die Stämme zu Flößen verbunden.
Die Arbeit der Holzer war über viele Generationen hinweg reine Handarbeit. Jeder Holzer hatte sich um
seine Werkzeuge selbst zu kümmern und diese zu pflegen. Die Arbeit war sehr gefährlich. Besonders
das Schwemmen der Stämme über die Bergbäche, wenn sich Holzstämme plötzlich verkeilten. Auch der
Transport der Baumstämme im Winter auf Holzschlitten führte nicht selten zu schweren Unfällen.
Schlafstube (OG): Hier in der Schlafstube haben 10, 15 oder mehr Mann geschlafen. Auf Strohmatratzen,
die ein jeder mit dem eigenen Bettzeug überzogen hat. Eingeschlafen sind alle nach einem langen und
harten Arbeitstag meist schnell. Der Ofen in der Stube darunter hat es zunächst einigermaßen warm
gehalten. Doch morgens war es dann oft sehr kalt.
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