Innenteil Ortsteilgeschichte - page 8

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1. Quellen
Ganz allgemein gilt für kleine Landgemeinden, dass
ihre Geschichte bis in das 18. Jahrhundert hinein
quellenmäßig meist schlecht belegt ist. Wenn ihr Name
in alten Urkunden auftaucht, dann hauptsächlich im
Zusammenhang mit Personen, die in Rechts- und
Kriminalfälle involviert waren, oder wenn es zu Besitz­
tumsänderungen wie Verkäufen, Schenkungen und
Stiftungen kam.
Im Zusammenhang mit den Kaufbeurer Ortsteilen ist es
um die Quellen zu Hirschzell am schlechtesten bestellt.
Als ehemaligen Besitz des Augustinerchorherrenstifts
Rottenbuch sollten in der Hauptsache dessen Klosterak-
ten maßgeblich sein.
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Doch der Bestand ist hier äußerst
gering, was wahrscheinlich eine Folge der Säkularisati-
on ist. Möglich wäre auch, dass für das an sich recht
wohlhabende Kloster die kleine Ansiedlung von eher
geringer Bedeutung war und mit einer Entfernung von
rund 40 Kilometern – also etwa zwei Tagesreisen vor
der Zeit der Motorisierung – zu weit entfernt lag und
somit wenig über sie berichtet wurde.
Dafür aber stellen zwei sehr ausführliche Quellenediti-
onen einen Glücksfall für den Forscher dar: Zum einen
‚Die Urkunden der Stadt Kaufbeuren 1240 bis 1500‘von
Richard Dertsch
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und deren Fortsetzung ‚Die Urkunden
der Stadt Kaufbeuren 1501 bis 1551‘ von Stefan Dieter
und Günther Pietsch.
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Zum anderen das mehrbändige
‚Kompendium der Quellen zur Geschichte Kaufbeurens
im Mittelalter’ von Helmut Lausser.
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Damit ist immer-
hin schon ein breiter Zeitraum abgedeckt und ausführ-
liche Register helfen bei der Suche.
Zur Kaufbeurer Geschichte gibt es einige Chroniken,
die sich zwar in der Hauptsache auf die Reichsstadt
selbst beziehen, aber dennoch gelegentlich auch etwas
zu den Dörfern erzählen. Zwangsläufig kommt darin
Oberbeuren als Kaufbeurer Besitz am häufigsten vor
und Kemnat meist im Zusammenhang mit Rechtsstrei-
tigkeiten der Reichsstadt mit dem Fürststift Kempten.
Die beiden wichtigsten dieser Chroniken sind die ‚Hör-
mann-Chronik‘
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und die ‚Weidenbach-Chronik‘
5
. Er-
wähnt sei in diesem Zusammenhang auch die Chronik
des Kaufbeurer Hospitalverwalters Emanuel Christa,
welche die Jahre von 1801 bis 1875 umfasst.
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Zusätzlich
sollten in diesem Zusammenhang auch die Urkunden-
sammlungen im Evangelischen Kirchenarchiv (EKA)
erwähnt werden, da auch dort sporadisch etwas zu
Oberbeuren zu finden ist.
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Die Hirschzeller besitzen eine eigene Dorfchronik (‚Chro-
nik von Hirschzell‘), die von dem Pfarrer Joseph Schäff-
ler, Vikar in Hirschzell von 1923 bis 1929, begonnen und
von einigen anderen Autoren fortgeschrieben wurde.
Ähnliches gilt für Oberbeuren mit seiner ‚Wildung-Chro-
nik‘, die bis in das Jahr der Eingemeindung 1972 reicht.
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Bleibt zu guter Letzt noch das Archiv des Bistums
Augsburg (ABA) zu erwähnen: Die dortigen Bestände
der Pfarrarchive geben zu Kemnat nichts her, einiges zu
Hirschzell, wie Inventare, sehr interessante Verkünd­
bücher, Bauakten, Schulakten, Matrikel, Kirchenrech­
nungen von 1672 bis 1948, Rechnungen der Skapulier-
bruderschaft und des Müttervereins von 1875 bis 1887
sowie vor allem das Original der ‚Schäffler-Chronik‘.
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Ergiebig für Kirchenrechnungen aller Art, Stiftungen
und sonstige Schul- und Kirchenangelegenheiten ist das
Oberbeurer Pfarrarchiv im ABA.
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Quellenmäßig zeigt sich Kemnat als Sonderfall: Da es
bis zur Säkularisation von 1803 Eigentum des Fürststifts
Kempten war, welches dort einen Vogt unterhielt, und
die Kemptener Klosterakten erhalten geblieben sind,
gibt es für diesen Ort ausführliches Quellenmaterial.
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Der betreffende Zeitraum reicht von 1551 bis 1802.
Einen entscheidenden Unterschied in der Quellenlage
bringt die Zeit nach der Eingliederung in das Kurfürs-
tentum und spätere Königreich Bayern, also die Periode
nach 1803: Nun war die Regierung bemüht, eine moder-
ne Verwaltung aufzubauen und dafür möglichst umfas-
sende Erhebungen über Bevölkerung und Wirtschaft
anzustellen. Deren Ergebnisse wurden in sogenannten
Katastern festgehalten. Für die Ortschaften Hirschzell,
Kemnat und Oberbeuren geschah dies erstmals im Jahr
1835. Knapp zwanzig Jahre später wurden sie 1854 in
einer Renovation auf den neuesten Stand gebracht und
erweisen sich als wichtige statistische Quellen.
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