holztod - page 21

21
Einige Jahre zuvor - Der neue Lehrer
Mehr als bescheiden, gelegentlich gar ärmlich, schauten vor und nach der Jahrhundert-
wende die ersten kleinen Bauernhäuser in den Dörfern aus. Viel Geld hatte zu dieser Zeit
bis auf wenige kaum einer ihrer Bewohner. So begannen die Urahnen mit eher einer Hüt-
te gleichenden Behausungen, die sie mit großen Steinen von Feldern, aus den Bergen,
oder mit Bummerln, also groben Felsbrocken aus Bachbetten, errichteten. Holz für den
Bau musste mühsam aus dem Wald geholt, in schwerer Handarbeit zugeschlagen und in
kleinen Sägewerken zugeschnitten werden. Nebenher war aber noch das Vieh zu versor-
gen, Wiesen und Felder waren zu bestellen. Viel Abwechslung oder gar Vergnügen gab
es wahrlich nicht. Kirchliche Feiertage oder fröhliche Feste im Dorf boten die wenigen
Gelegenheiten, gemütlich beisammenzusitzen. Zeit für ein paar Bier, zu einem Ratsch
und zum Tanzen, wenn es denn sein musste, auch zu einer Rauferei.
Obschon, Felder und Vieh nahmen keine Rücksicht auf ihre Menschen, egal was für
ein Tag gerade war. Ob Sonn- oder Feiertag, die Kühe, Ochsen, Rösser in den Ställen,
Ziegen, Schafe und Hühner auf Wiesen oder in Verschlägen fragten nicht nach Tag und
Stunde, wollten versorgt sein und ihr Futter haben. Jung und Alt musste hinaus auf die
Felder, um Heu sowie Getreide einzubringen. Zäune sollten ausgebessert, die einfachen
Maschinen geschmiert und in Gang gehalten, Sensen gedengelt und geschärft werden.
Erkältungen, Gliederreißen, Schnittwunden, selbst arge Verletzungen wurden zuweilen,
wenn auch mit bösen Folgen, zur Seite geschoben. Zeit für Genesung oder Erholung
nahm sich kaum einer, konnte er sich nicht nehmen, wurde doch jede Hand gebraucht.
Selbst wenn nur noch eine davon zu gebrauchen war oder mit einem lahmen Bein zur
Arbeit gehumpelt werden musste. Nur wer gar nicht mehr zur Arbeit taugte, durfte
eine Pause einlegen oder gleich im Bett liegen bleiben. Doch wer von den Alten nicht
mehr zupacken konnte, wurde zwangsläufig für Hof und Familie zur Belastung. So hat-
ten etliche der Ahnen schon vor langer Zeit den Weg zum Gottesacker angetreten, eine
schmerzliche Lücke hinterlassen.
Irgendwann jedoch lohnte sich die Schufterei. Verkauf von Vieh und Milch, des immer-
zu gackernden Federviehs, das nebenbei täglich für frische Eier sorgte, verschafften or-
dentlichen Gewinn. Einfach alles, was auf einem Hof kreucht und fleucht. Gänse, Enten,
Ziegen und Schafe wechselten tot oder lebendig den Besitzer. Die Geschäfte führten nach
und nach zu einem bescheidenen Wohlstand, einem besseren Auskommen für die Bau-
ern. Grund und Boden wurde dazugekauft oder -gepachtet, die Ernten von den Feldern
wurden einträglicher. Doch je größer ein Hof, umso mehr Arbeit war vonnöten. Alle
mussten hart schuften, Zeit für Müßiggang gab es nicht. Die Buben wussten das, taten
trotz aller Mühen klaglos ihre Pflicht, sehnten sich allerdings zuweilen nach mehr freier
Zeit. Max wie auch Anton wurden nicht zum Militär gerufen, brauchten nicht in den
Krieg zu ziehen, der bereits genug Opfer aus dem Dorf gefordert hatte.
Nach dem Tod ihrer Väter waren sie nun die einzigen Männer in der Familie, die den Hof
versorgen und so ihre Mütter entlasten konnten. Seit Kindheitstagen waren sie schwere
Arbeit gewohnt, was sie zu kräftigen Burschen heranwachsen ließ, wenn auch Anton
1...,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20 22,23,24,25,26,27,28,29,30,31,...128
Powered by FlippingBook