holztod - page 19

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Bäuerlicher Fleiß, Müh und Not hatten von jeher Leben und Treiben in den Dörfern be-
stimmt. Der Krieg hatte sie sozusagen auf Anspruchslosigkeit getrimmt, und doch, der
Krieg ging nicht wegen Hunger und Not zu Ende, nein, einfach weil er verloren war. Ihre
Väter haben die von den Ahnen einst mühsam aufgebauten Höfe wie in vergangenen Zei-
ten bewirtschaftet, hart dafür gearbeitet, um der Familie ein bescheidenes Auskommen
zu ermöglichen. Bis der verfluchte Krieg kam und beinahe alles Weiterleben ruinierte.
Noch in der Schulzeit mussten Max und Anton in der Freizeit ordentlich hinlangen,
bei der vielen Arbeit, die ein Bauernhof mit sich brachte. Freilich, so erging es allen
Bauernkindern. Sie kannten es nicht anders, liebten aber trotzdem die Freiheit auf dem
elterlichen Hof. Gemeinsam waren sie täglich zur Dorfschule getrottet und tobten sich
auf dem Weg übermütig aus. In der Schule brachten sie ihren Lehrer so weit, dass der
an seiner Berufswahl Zweifel bekam und an manchen Tagen betrübt, nachdenklich und
total erledigt nach Hause schlich. Selbst die Mädel im Dorf blieben nicht verschont. Mit
kindlicher Neugier stellten sie diesen frech nach. Zogen an Zöpfen und Kleidern, aber
auch mal an deren Unterhöschen. Wollten allzu gerne wissen, was darunter verborgen
war. Gelegenheit dazu bekamen sie reichlich. Die Lebensfreude der Dorfkinder bot ih-
nen jeden Tag Gelegenheit dazu. Beim Spielen auf den Wiesen, wenn eines der Mädel
beim Purzelbaum vergaß, dass es kein Höschen trug, konnten die Buben erstaunt fest-
stellen, dass bei denen da unten etwas nicht ganz stimmte: „Es habt´s ja gar koa Zipferl”,
riefen sie den Mädeln spöttisch zu. Doch auf das Gespött folgten alsbald Kreischen, bö-
se „Bäh”-Rufe und markerschütterndes Geschrei. Von den kräftigeren Mädeln erhielten
sie gar schmerzhafte Faustschläge und grobe Fußtritte. So fehlten den Buben dann und
wann ein paar Haare auf dem Kopf, dafür bekamen sie blaue Flecken an Armen und
Beinen oder gar ein „Veilchen” im Gesicht.
Gab es mal Streit zwischen Max und Anton, so war der schnell wieder vergessen.
Anton wusste immer, was er in Max für einen treuen Freund hatte. Gleichwohl, die Jahre
voller Abenteuer und kindlicher Unbeschwertheit gehörten bald der Vergangenheit an.
Die Zeit wollte nicht stehen bleiben. Erst vor einigen Monaten feierten sie gemeinsam
ihren achtzehnten Geburtstag, begossen die Freundschaft reichlich mit Bier und Obstler,
wackelten danach anständig besoffen nach Hause. Doch eines der Mädel, das sie in ih-
ren unbeschwerten Tagen gerne getratzt hatten, sollte alsbald der Anlass für den ersten
ernsthaften Zwist zwischen den Nachbarbuben werden, und das kam so:
Eines Tages spannte Max seinem Freund auf dem Tanzboden eines Dorffestes ein Mädel
aus, wirbelte mit der mopsigen Bierbichler Kreszenz lachend über die Bretter. Anton,
von einer Maß Bier gestärkt, stellte Max zur Rede, packte ihn verwegen bei den Ho-
senträgern und brüllte laut: „Du Sauhund, du elendiger!” Er schubste Max mit einem
Stoß vor die Brust weg und schlug obendrein mit geballten Fäusten auf ihn ein, war
außer sich vor Wut. Max indessen, sichtlich sauer, versuchte Anton zu beruhigen. Doch
das Bier hatte den Freund stark gemacht und der ging ihm auch noch an die Gurgel.
Max schleuderte Anton daraufhin auf den Tanzboden. Der aber gab nicht so schnell
auf und griff den vermeintlichen Nebenbuhler weiter wie ein wilder Stier an. Nur das
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